Wegzugbesteuerung

In Zeiten der Globalisierung beschäftigen sich immer mehr Personen mit dem Thema Auswanderung und Wohnsitzverlegung. Neben vielen anderen Baustellen ergeben sich für die meisten Menschen dabei auch steuerliche Fragestellungen. Was ist beispielsweise die Wegzugsbesteuerung und wie wirkt diese sich auf ein geplantes Vorhaben aus? Alles Wichtige erfahren Sie in diesem Artikel.

Was versteht man unter der Wegzugsbesteuerung?

Wer mit dem Gedanken spielt, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen, der muss sich in jedem Fall mit dem Thema befassen, da es nicht ohne Weiteres möglich ist, Vermögen in andere Länder zu transferieren und somit in Deutschland die Steuerpflicht zu umgehen. Im Speziellen betroffen sind natürliche Personen, die mindestens 1 % einer deutschen Kapitalgesellschaft im Privatvermögen halten. Der Gesetzgeber versucht somit eine Steuerflucht zu erschweren, stille Reserven aufzudecken und im Inland der Besteuerung zuzuführen. Die Wegzugsteuer fällt grundsätzlich an, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt in das Ausland verlegt.

Welche Risiken birgt die Wegzugsbesteuerung?

Zum 01.01.2022 wurden Teile des ATAD-Umsetzungsgesetzes reformiert. Unter anderem wurde die Möglichkeit der Stundung für Steuerpflichtige gestrichen, wodurch sich zum Teil sehr hohe Steuerlasten anhäufen können. Für den auswanderungswilligen Bürger entsteht mitunter ein sogenanntes „Dry Income“. Als „Dry Income“ bezeichnet man einen zu versteuernden Gewinn, der jedoch keinen Kapital- oder Liquiditätszufluss begründet. Üblicherweise entstehen diese Einnahmen im Zuge der Aufdeckung von stillen Reserven.

Wichtig: Die Hilfe eines Steuerberaters, am besten spezialisiert auf das Thema Wegzugsbesteuerung, ist im Hinblick auf die Änderungen des ATAD-Umsetzungsgesetzes unerlässlich. Hohe, unerwartete Steuerzahlungen können im Zweifel das gesamte Wegzugsvorhaben ins Wanken bringen und sollten daher einkalkuliert werden.

Wie erfolgt die Berechnung der Steuer?

Wer plant, Deutschland zu verlassen, muss dies dem zuständigen Finanzamt anzeigen. Wer in den letzten 12 Jahren mindestens 7 Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war, der wird auch für die Wegzugsbesteuerung herangezogen. Die Möglichkeit, die Steuer zu umgehen, ergibt sich nur, wenn man innerhalb eines bestimmten Zeitraums (aktuell 7 Jahre) wieder eine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland begründet. Die Wegzugsteuer an sich ist keine eigene Steuerart, sondern ein Teil der Einkommensteuer zuzüglich des Solidaritätszuschlages. Sobald man als Gesellschafter seinen Wohnsitz beziehungsweise den dauernden Aufenthalt in das Ausland verlegt, nimmt das Finanzamt einen fiktiven Verkauf der Beteiligungen an. Der fiktive Gewinn aus diesem Verkauf muss dann mit dem persönlichen Steuersatz versteuert werden.

Der Gewinn errechnet sich wie folgt:

Gemeiner Wert der Beteiligung (Marktwert)
./. Anschaffungskosten
= fiktiver Gewinn

Bei wem fällt die Wegzugsbesteuerung an?

In den meisten Fällen schlägt die Wegzugsbesteuerung schneller zu als gedacht. Oftmals sind GmbH-Gesellschafter betroffen, wenn diese lediglich den Umzug in das nahe Ausland anstreben. Auch die Kinder von Unternehmern können betroffen sein, wenn im Rahmen der Erbfolge bereits vor dem Ableben der Eltern Anteile an vorhandenen Kapitalgesellschaften übertragen wurden. Eine steuerliche Beratung ist daher immer in Anspruch zu nehmen, wenn es Pläne gibt die Bundesrepublik zu verlassen.

Welche Möglichkeiten zur Umgehung der Besteuerung sind möglich?

Eine Umgehung der Besteuerung ist nur möglich, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von 7 Jahren nach Verlegung des Wohnsitzes wieder eine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland begründet. Hierzu entscheid das Finanzgericht Münster, dass die Rückkehrabsicht bereits bei Verlassen der Bundesrepublik angezeigt werden müsse. Für viele Steuerpflichtige wäre dies eine Katastrophe gewesen, da größtenteils nicht einmal die Betroffenen abschätzen können, wie die Zukunft aussieht.

Glücklicherweise entschied der Bundesfinanzhof in einem Revisionsverfahren, dass die Voraussetzungen für eine nur vorübergehende Abwesenheit auch dann vorlägen, wenn der Steuerpflichtige, auch ohne die vorherige Anzeige beim Finanzamt, innerhalb von 7 Jahren in die Bundesrepublik Deutschland zurückkehre.
Betroffene erhalten somit eine zweite Chance, um der Wegzugsbesteuerung zu entgehen.

Ein kluges Steuermanagement schafft jedoch noch weitere Möglichkeiten, die eine Besteuerung vermeiden. Hierzu gehören beispielsweise der Übertrag der eigenen Anteile in eine Familienstiftung oder der Übertrag von Anteilen an berechtigte Personen, soweit diese Übertrag für die nahe Zukunft sowieso geplant war.
Auch ein kompletter Verkauf der Anteile kommt in Betracht. Zwar muss auch hier der Veräußerungsgewinn besteuert werden, dafür handelt es sich jedoch nicht um ein „Dry Income“, da ein Kaufpreis an den Verkäufer gezahlt wird, der für die Zahlung der Steuerlast aufgewendet werden kann.

Fazit

Die Themen des Außensteuergesetzes und somit der Wegzugsbesteuerung sind komplex und durch die Änderungen des ATAD-Umsetzungsgesetzes durchaus risikoreich. Es lohnt sich daher immer einen steuerlichen Berater zu kontaktieren und etwaige Änderungen im Leben zu besprechen.