Objektive Feststellungslast für den Zufluss einer verdeckten Gewinnausschüttung
Im Folgenden präsentieren wir Ihnen unseren aktuellen Newsletter, der sich einem ganz aktuellen Thema widmet: der objektiven Feststellungslast beim Zufluss verdeckter Gewinnausschüttungen. Anhand eines exemplarischen Urteils des Finanzgerichts Düsseldorf erläutern wir die wichtigsten Details und zeigen auf, welche Auswirkungen dieses Urteil für Steuerberater und Unternehmen haben kann.
Was ist eine verdeckte Gewinnausschüttung?
Bei einer verdeckten Ausschüttung von Gewinnen handelt es sich um eine Konstellation, wenn Gewinne einer Kapitalgesellschaft – häufig in Form von nicht offen deklarierten oder „schwarz“ vereinnahmten Betriebseinnahmen – an Gesellschafter gelangen, ohne dass dies als regulärer Dividendenbeschluss ausgewiesen wurde. Anders als bei der klassischen Ausschüttung von Gewinnen handelt es sich hier um Einnahmen, die indirekt oder aufgrund zweifelhafter Buchungsvorgänge den Aktionären oder Gesellschaftern zugeordnet werden könnten. Unternehmen, die in ihren Geschäftsprozessen komplexe Strukturen oder mehrere operative Einheiten betreiben, laufen dabei Gefahr, dass einzelne Einnahmenströme fälschlicherweise Ausschüttung klassifiziert werden, obwohl die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Gelder nicht allen beteiligten Gesellschaftern gleichermaßen zusteht.
Wer trägt die Feststellungslast gemäß des aktuellen Urteils?
Das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf bringt hier Klarheit: Das Finanzamt muss nachweisen, dass die hinzugerechneten Einnahmen den Gesellschaftern tatsächlich zugeflossen sind. Anders formuliert, obgleich Buchungszahlen und interne Zahlen ein bestimmtes Bild ergeben mögen, sind es die tatsächlichen Verfügungsrechte und der Zugang zu den Geldern, die darüber entscheiden. Im vorliegenden Fall – in dem Gesellschafterinnen einer GmbH, die über zwei unterschiedliche Betriebsstätten verfügte, in den Fokus gerückt wurden – konnte nicht pauschal angenommen werden, dass alle Beteiligten gleichermaßen von den „Schwarzeinnahmen“ profitiert haben. Entscheidend war letztlich, wer faktisch Zugriff auf die entsprechenden Mittel hatte.
Wann wurde der Streitfall entschieden?
Das aktuelle Urteil (Aktenzeichen 9 K 677/21 E) liegt nun vor und ist ein prägnantes Beispiel dafür, wie aktuell und praxisrelevant die Frage der objektiven Feststellungslast in der steuerlichen Beurteilung von verdeckten Gewinnausschüttungen geworden ist. Der zugrunde liegende Fall, in dem eine Gesellschafterin gegen Steuerbescheide vorging, weil ihr nachweislich keine tatsächliche Zuflüsse aus einer bestimmten Betriebsstätte zugeflossen waren, unterstreicht, dass die Rechtsprechung im Jahr 2025 verstärkt auf den konkreten Geldfluss und die tatsächliche wirtschaftliche Verfügungsgewalt schaut. Solche Entscheidungen haben nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die betroffenen Fälle, sondern verändern auch langfristig die Beweisführungspraxis bei Steuerprüfungen
Wie werden Geldzuflüsse und Geschäftsanteile bewertet?
Im Kern des Urteils stand die Frage, wie Geldflüsse innerhalb von Unternehmen bewertet werden. Das Gericht betonte, dass es nicht ausreicht, wenn aufgrund von Buchungsfehlern oder intransparenten Einnahmenströmen pauschal von Gewinnausschüttungen auszugehen ist. Vielmehr muss das Finanzamt darlegen und beweisen, dass – in unserem Beispiel – die Einnahmen tatsächlich den Gesellschaftern als Einkommen zugeflossen sind. Dieses Prinzip der objektiven Feststellungslast besagt, dass allein die Höhe der „verschwundenen“ Bestände nicht ausschlaggebend sein darf. Entscheidend ist, inwieweit einzelne Gesellschafter einen tatsächlichen Zugriff auf diese Mittel hatten und in welchem Umfang diese in ihrer wirtschaftlichen Verfügung standen.
Was sind die konkreten Auswirkungen für Unternehmen?
Die aktuelle Rechtsprechung fordert Unternehmen dazu auf, ihre internen Abläufe und die Dokumentation von Geldflüssen exakt zu überprüfen. Besonders in komplex strukturierten Firmen – beispielsweise wenn mehrere Betriebsstätten betrieben werden wie ein Modehaus und ein Textilgroßhandel – muss klar getrennt und nachvollziehbar dargelegt werden, welche Gesellschafter in welchem Umfang Zugriff auf bestimmte Einnahmen hatten. Mangelnde Transparenz kann leicht dazu führen, dass Betriebseinnahmen fälschlicherweise als verdeckte Gewinnausschüttung klassifiziert und steuerlich belastet werden. Unternehmen sollten daher bereits vor einer steuerlichen Prüfung interne Kontrollen und klare Nachweisführungen etablieren, um im Streitfall die tatsächlichen Verfügungsrechte eindeutig belegen zu können
Warum ist die objektive Feststellungslast von Bedeutung?
Die Verlagerung der Beweislast auf das Finanzamt hat weitreichende Konsequenzen für die steuerliche Gerechtigkeit. Einerseits sorgt diese Regelung dafür, dass unberechtigte Steuerschätzungen vermieden werden, andererseits werden Gesellschafter entlastet, die nachweislich keinen Zugriff auf fragliche Gelder hatten. Dieses Prinzip stärkt das Vertrauen in ein faires Steuersystem, in dem staatliche Eingriffe nur auf fundierten Tatsachen beruhen. Es unterstreicht den Grundsatz, dass eine Steuerbelastung stets auf tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen fußen muss – ein Aspekt, der insbesondere in Fällen mit komplexen Geschäftsmodellen und multiplen Einnahmequellen enorm an Bedeutung gewinnt.
Welche weiteren Auswirkungen ergeben sich, die wir als Steuerberater Ihnen als Mandanten empfehlen?
Ein besonderes Augenmerk sollten alle Beteiligten auf die interne Abstimmung und Revision der Finanzströme gelegt werden, um bei späteren Prüfungen argumentativ und faktisch fundiert darlegen zu können, warum einzelne Einnahmen nicht als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren sind. Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens sollten eindeutig zugeordnet sein, sodass jederzeit nachvollziehbar ist, welcher Gesellschafter oder welche Geschäftsführung Zugriff auf welche Mittel hatte. Es muss klar und nachvollziehbar dokumentiert werden, welche Gelder in welchen Geschäftsbereichen eingenommen und verwaltet werden. Damit schaffen Unternehmen die Grundlage, um auch in zukünftigen Betriebsprüfungen eine belastbare Position gegenüber den Finanzbehörden einzunehmen.