Freiberufliche Einkünfte einer Mitunternehmerschaft bei kaufmännischer Führung durch einen Berufsträger
Auf Basis einer aktuellen Rechtsprechung präsentieren wir Ihnen in unserem aktuellen Newsletter eine tiefgehende Analyse zur aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes in Bezug auf freiberufliche Einkünfte einer Partnerschaftsgesellschaft bei kaufmännischer Führung durch einen Berufsträger. Das Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem ersten Quartal 2025 (Aktenzeichen. VIII R 4/22) eröffnet neue Perspektiven für freiberuflich tätige Partnerschaften – insbesondere in Bereichen wie der zahnärztlichen Praxis – und hat weitreichende Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung. Als arrivierter Steuerberater fokussieren wir uns dabei wie gewohnt neben den rechtlichen Aspekten insbesondere auf die Auswirkungen für Unternehmen.
Welche rechtliche Konstellation lag dem Urteil zugrunde?
In dem strittigen Fall betrieb eine zahnärztliche Mitunternehmerschaft ihre Praxis, wobei die Arbeitsbereiche unter den Partnern unterschiedlich verteilt waren. Ein Seniorpartner, der gleichzeitig approbierter Zahnarzt ist, übernahm hauptsächlich kaufmännische und administrative Aufgaben. Dazu gehörten unter anderem die Organisation von Personalangelegenheiten, die Instandhaltung der Praxis und die Kommunikation mit Behörden und Kammern. Neben diesen betriebsorganisatorischen Tätigkeiten erbrachte er in geringem Umfang ergänzend freiberufliche zahnärztliche Leistungen, indem er im Rahmen der Mitunternehmerschaft konsiliarisch Patienten beriet. Die zentrale Frage war, ob diese Mischung aus überwiegend leitenden Funktionen und marginalen zahnärztlichen Leistungen weiterhin den Status einer freiberuflichen Tätigkeit begründe oder vielmehr eine gewerbliche Einkunftsart zur Folge habe.
Wie definiert sich die freiberufliche Tätigkeit in der Mitunternehmerschaft?
Die freiberufliche Tätigkeit in einer Partnerschaftsgesellschaft ergibt sich nicht allein aus der Mitgliedschaft in einem Katalogberuf, wie beispielsweise dem Zahnarzt, sondern verlangt die tatsächliche, persönliche Einbringung individueller fachlicher Kompetenzen. Der Bundesfinanzhof betont, dass auch eine überwiegend organisatorische Tätigkeit zum Kerngeschäft des freien Berufs zählt, wenn sie als Basis für die marktorientierte Erbringung berufstypischer Leistungen dient. Es bedarf keines Mindestumfangs an persönlichem Auftrag, solange die wesentlichen Merkmale des freien Berufs, insbesondere die persönliche Berufsqualifikation und die individuelle Leistungserbringung, erfüllt sind.
Warum wurde die Einkunftsart bei der Mitunternehmerschaft in Bezug auf freiberufliche Einkünfte neu bewertet?
Zunächst stuften Finanzamt und Finanzgericht die Einkünfte der Partnerschaft als gewerblich ein, da der kaufmännisch führende Partner kaum in die praktischen Behandlungsaktivitäten eingebunden war. Das BFH hob diese Auffassung jedoch auf, da es entscheidend ist, dass jeder Mitunternehmer – auch wenn er primär administrative Aufgaben übernimmt – über die persönliche Berufsqualifikation verfügt und diese in der Zusammenarbeit zur Erbringung der freiberuflichen Leistung beiträgt. Die Entscheidung zeigt, dass eine reine Arbeitsteilung, bei der nicht jeder Gesellschafter in sämtlichen Bereichen aktiv mitarbeitet, nicht automatisch eine gewerbliche Wesensveränderung auslöst.
Wer ist in diesem Kontext als freiberuflicher Berufsträger zu qualifizieren?
Das aktuelle Urteil unterstreicht, dass die qualifizierende freiberufliche Tätigkeit nicht ausschließlich an die direkte praktische Tätigkeit – also etwa das „Am-Stuhl“-Arbeiten – gebunden ist. Vielmehr zählt auch die aktive Mitwirkung an der Gestaltung und Organisation des Geschäftsbetriebs, wenn diese Tätigkeiten die Grundlage für die primären, marktbezogenen Berufsleistungen bilden. Der kaufmännisch führende Partner muss nicht in jedem Auftrag operativ tätig sein, sondern kann seine Kompetenz auch in Form von Mit- und Zusammenarbeit einbringen, solange er seine berufliche Qualifikation erkennbar unter Beweis stellt.
Welche unmittelbaren Auswirkungen ergeben sich für Unternehmen?
Für freiberuflich organisierte Partnerschaften wie Arztpraxen bedeutet das Urteil, dass auch der stärker auf kaufmännische Funktionen fokussierte Partner nicht zur gewerblichen Einkünftefamilie führen muss. Wird einmal die individuelle freiberufliche Tätigkeit jedes Gesellschafters nachgewiesen, bleibt der gesamte Gesellschaftserlös als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu qualifizieren. Dies sichert nicht nur den uneingeschränkten Vorsteuerabzug und steuerliche Planungssicherheit, sondern öffnet auch neue Möglichkeiten in der flexiblen Aufteilung von Leitungs- und Praxistätigkeiten innerhalb der Partnerschaft.
Wo liegen die praktischen Herausforderungen bei der Umsetzung?
Die neue Rechtsprechung erfordert eine sorgfältige Prüfung und Dokumentation der internen Arbeitsteilung. Unternehmen müssen klar darlegen, in welchen Bereichen die einzelnen Partner ihre persönliche Berufsqualifikation aktiv einbringen. Hierzu empfiehlt sich eine gezielte Abstimmung vertraglicher Regelungen im Gesellschaftsvertrag – um eine klare Abgrenzung zwischen administrativen und operativen Tätigkeiten herzustellen. Eine transparente Darstellung der individuellen Leistungsprofile verhindert steuerliche Unsicherheiten und beugt im späteren Verlauf einer gewerblichen Umqualifizierung der Einkünfte vor.
Wie bewertet die Rechtsprechung den weiteren Fortgang?
Das Urteil des BFH gibt Unternehmen und freiberuflichen Partnerschaften eine wichtige Orientierungshilfe im Hinblick auf die interne Organisation und vertragliche Regelung der Arbeitsteilung. Es verdeutlicht, dass es nicht auf eine einheitliche, operativ-intensive Tätigkeit jedes Gesellschafters ankommt. Vielmehr zählt die individuelle und persönliche Mitwirkung, die es ermöglicht, den freien Berufscharakter insgesamt zu wahren. Für die Praxis bedeutet dies, dass insbesondere im Bereich der freiberuflichen Partnerschaften der Fokus künftig mehr auf der transparenten Darstellung der persönlichen Qualifikation und der konkreten Mitwirkung an der marktorientierten Leistungserbringung liegen muss. Gern beraten wir Sie als erfahrener und professioneller Steuerberater bei diesem konkreten Sachverhalt, um eine Mitunternehmerschaft in Bezug auf freiberufliche Einkünfte steuerlich bestmöglich aufzustellen.