Anscheinsbeweis spricht für Privatnutzung eines Pkw durch den Gesellschafter-Geschäftsführer – Verdeckte Gewinnausschüttung

In einem aktuellen Urteil mit erheblichen Auswirkungen auf die Unternehmen in Bezug auf die Steuerberatung ging es um die Privatnutzung eines Pkws durch den Geschäftsführer einer Unternehmensberatung hinsichtlich einer potenziell verdeckten Gewinnausschüttung. Wir erläutern Ihnen als professioneller Steuerberater die wesentlichen Aspekte zu dieser aktuellen Rechtsprechung und gehen dabei auch auf die Auswirkungen der Unternehmen ein.

Worum ging es in dem aktuellen Urteil?

Das Finanzgericht Hessens hatte im jüngsten Urteil mit dem Aktenzeichen 8 K 1129/20 zu entschieden, ob das Finanzamt zu Recht Hinzurechnungen außerhalb der Bilanz aufgrund einer verdeckten Gewinnausschüttung realisiert hat. Im Mittelpunkt dieser Entscheidung stand in dieser Konstellation die Frage, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer ein im betrieblichen Vermögen einer Kapitalgesellschaft befindliches Fahrzeug auch privat nutzt, wenn er kein Fahrtenbuch führt und keine Maßnahmen getroffen wurden, um eine Privatnutzung auszuschließen. Auf Basis anderer Urteile und aufgrund der zahlreichen Beispiele ist davon auszugehen, dass in solchen Fällen der Beweis des ersten Anscheins für eine private Nutzung spricht. Dies ist unabhängig davon, ob ein explizites Verbot der Privatnutzung im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag enthalten ist oder ob der Gesellschafter-Geschäftsführer die Kapitalgesellschaft beherrscht. Das Urteil zeigt, wie wichtig es für Unternehmen ist, klare Nutzungsvereinbarungen zu treffen und diese durch geeignete Maßnahmen zu überwachen, um steuerliche Nachteile zu vermeiden. Gern beraten wir Sie als Steuerberater bei dieser und anderen steuerlichen Fragen auf Basis und unter Beachtung dieses aktuellen Urteils.

Wer ist die Klägerin in diesem Urteil?

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das sich auf Unternehmensberatung, Personalberatung sowie die Identifikation und Vermittlung von Führungskräften und Spezialisten spezialisiert hat. Die Dienstleistungen fokussieren sich insbesondere auf die geschäftlichen Segmente von Kliniken, der Medizintechnik, Pharmazie und Biotechnologie.

Was der konkrete Streitfall?

Im betreffenden Streitzeitraum von 2012 bis 2014 erweiterte die Klägerin ihren Fuhrpark durch den Erwerb mehrerer Fahrzeuge der Marke Porsche. Diese Anschaffungen wurden durch Gesellschafterbeschlüsse genehmigt, die auch festlegten, dass die Fahrzeuge ausschließlich für betriebliche Zwecke genutzt werden sollten. Es wurde jedoch versäumt, Fahrtenbücher für die genannten Fahrzeuge zu führen, die eine exakte Dokumentation der gefahrenen Strecken und deren betrieblicher bzw. privater Nutzung ermöglicht hätten. Diese fehlenden Fahrtenbücher spielten eine zentrale Rolle im Streit, da sie die Grundlage für den Beweis des ersten Anscheins bildeten. Ohne konkrete Nachweise in Form von Fahrtenbüchern geht das Finanzamt automatisch davon aus, dass die Fahrzeuge auch einer Privatnutzung unterliegen, was zu außerbilanziellen Hinzurechnungen und damit zu steuerlichen Nachteilen führte.

Zu welchen genauen Urteil gelangte das Gericht?

Das Hessische Finanzgericht hat im Urteil 8 K 1129/20 vom 24. Januar des Jahres 2024 entschieden, dass das Finanzamt zu Recht außerbilanzielle Hinzurechnungen aufgrund einer verdeckten Gewinnausschüttung vorgenommen hat. Es handelt sich demnach in dieser Konstellation um eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne von Paragraf 8 Absatz 3 Satz 2 KStG vor, wenn die Privatnutzung ohne eine fremdübliche Überlassungs- und Nutzungsvereinbarung erfolgt.

Warum spricht der Anscheinsbeweis für Privatnutzung?

Insofern eine Kapitalgesellschaft dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein Dienstfahrzeug überlässt, spricht gemäß der Urteilsbegründung auch die allgemeine Lebenserfahrung für einen Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Fahrzeug von dem Gesellschafter-Geschäftsführer in der Realität ebenfalls für Privatfahrten genutzt wird. Dies gilt unabhängig davon, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer das Unternehmen beherrscht, sowohl im Falle einer fehlenden Vertragsvereinbarung über eine Privatnutzung als auch bei einem im Anstellungsvertrag des Gesellschafters konkret fixierten vereinbarten Privatnutzungsverbot.

Welche Maßnahmen sind notwendig, um den Anscheinsbeweis zu entkräften?

Um den Anscheinsbeweis zu entkräften, müssen organisatorische Maßnahmen getroffen werden, die eine Privatnutzung des Fahrzeugs ausschließen. Dazu gehört die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs und die Sicherstellung, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer keinen unbeschränkten Zugriff auf den Pkw hat.

Was bedeutet dies für Unternehmen hinsichtlich steuerlicher Aspekte?

Die Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts hat erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen. Es ist wichtig, klare Vereinbarungen über die Nutzung von betrieblichen Fahrzeugen zu treffen und diese Vereinbarungen durch entsprechende Maßnahmen zu überwachen. Andernfalls kann das Finanzamt von einer Privatnutzung ausgehen und entsprechende Steuerfolgen daraus ableiten. Dazu kann neben der Erstellung einer konkreten Fuhrparkordnung auch ein elektronischer Nachweis in Form von Fahrtenbüchern führen.
Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass betriebliche Fahrzeuge ausschließlich betrieblich genutzt werden. Dies kann durch die Führung eines Fahrtenbuchs, die Implementierung von Kontrollmechanismen und die regelmäßige Überprüfung der Fahrzeugnutzung erreicht werden. Zudem sollten Unternehmen klare Vereinbarungen mit ihren Gesellschafter-Geschäftsführern treffen und diese Vereinbarungen durchsetzen.

Welche Nachteile hat die fehlerhafte oder nicht ausreichende Führung von Fahrtenbücher für die Unternehmen?

Neben den bereits dargestellten Nachteilen muss das Unternehmen in diesem Fall möglicherweise nachträgliche Steuerzahlungen leisten, einschließlich der Steuern auf die verdeckte Gewinnausschüttung sowie Zinsen. Ergänzend dazu können die Kosten für den Pkw in dieser Konstellation nicht vollständig als betriebliche Ausgaben anerkannt werden, was zu einer Erhöhung der steuerpflichtigen Gewinne führen kann.